15.02.2007: Kampf gegen Studiengebühren geht weiter
Genau 2204 Studierende verweigerten bis 20 Uhr am heutigen Donnerstag die Zahlung der Studiengebühren an der Universität Freiburg. Die selbst gesetzte Mindestbeteiligung von 5500 Personen wurde damit am Stichtag nicht erreicht. Die auf das Treuhandkonto eingegangenen Überweisungen werden daher an die Universitätskasse weitergeleitet, so dass alle Beteiligten ordnungsgemäß und rechtzeitig zurückgemeldet sind.
Der landesweite Boykott hat aber nach wie vor Aussichten auf Erfolg: In Karlsruhe haben bereits drei Hochschulen das Quorum erreicht – und der Wissenschaftsminister tut sich äußerst schwer damit, auch nur Mahnungen an die Boykottierenden zu verschicken. Die großspurige Ankündigung, eine Massenexmatrikulation anzuordnen, ohne mit der Wimper zu zucken, entpuppt sich wie erwartet als billiger Einschüchterungsversuch. Dies ist eine hervorragende Vorlage für die Hochschule Karlsruhe und die Universität Karlsruhe, die noch bis zu fünf Wochen Zeit haben, ihre Studierenden zu mobilisieren.
Auch an der Universität Freiburg geht der Kampf gegen Studiengebühren weiter. Die Ablehnung des gebührenpflichtigen Studiums ist nach wie vor enorm hoch. Eine Umfrage unter Freiburger Studierenden ergab, dass 80 % gegen die Einführung von Studiengebühren sind, nur 11 % haben nichts gegen die Campus-Maut einzuwenden.
„Es gibt eine enorme Ablehnung von Studiengebühren. Die Gründe reichen von grundsätzlicher Kritik an der sozialen Selektivität über die nicht vorhandene Mitsprache der Studierenden bis zur Empörung über die haarsträubenden Verwendungspläne. Es ist uns aber nicht gelungen, dieses Potenzial voll auszuschöpfen und in eine größere Boykott-Beteiligung umzusetzen“, so Hermann J. Schmeh vom Vorstand des unabhängigen allgemeinen studierendenausschusses (u-asta) der Universität Freiburg, der den Boykott organisiert hat.
Immerhin jeder zehnte Studierende an der Uni Freiburg hat die Zahlung aber zunächst verweigert. Angesichts dessen, dass viele Studierende gar nicht die Möglichkeit hatten sich am Boykott zu beteiligen, weil sie z. B. ihr Studium erst zum Sommersemester aufnehmen, bereits befreit waren, auf einen Kredit angewiesen sind oder sich im Praxissemester bzw. Ausland befinden ist, diese Quote kein Anlass zur Resignation sondern zeigt das Potential für die weitere Arbeit gegen Studiengebühren.
„In den nächsten Monaten kommen die Zahlen auf den Tisch: Wie viele Personen von einem Studium abgeschreckt wurden, wie stark die steigenden Zinsen von der Inanspruchnahme des Gebührendarlehens abhalten, wie sich die soziale Schieflage der Universität weiter verschärft und wie wenig von den Gebühreneinnahmen tatsächlich zur Verbesserung der Studienbedingungen übrig bleiben. Dann werden sich die Befürworter der Gebühren rechtfertigen müssen, weshalb sie ihre Versprechen und Zusagen gebrochen haben. An der Universität Freiburg gibt es Institute, die nach Einführung von Studiengebühren weniger Geld haben als zuvor. Sie sind von den Landeskürzungen so stark betroffen, dass sie das Defizit nicht mit den ihnen zugewiesenen Gebühreneinnahmen abfangen können. Wenn gleichzeitig Personen aus finanziell schlechter gestellten Elternhäusern von der Aufnahme eines Studiums abgeschreckt werden, dann sind Studiengebühren politisch nicht mehr tragbar“, so Benjamin Greschbach, ebenfalls Vorstand des u-asta.
Weshalb nicht genug Studierende den Schritt von der Ablehnung der Gebühren zu einem tatsächlichen Boykott derselben unternommen haben, lässt sich nicht ohne weiteres beantworten. Es wird zumindest das Zusammenspiel mehrerer Faktoren gewesen sein. Einige Studierenden werden sich aus Sorge um den Verlust ihres Studienplatzes nicht beteiligt haben, andere wurden vielleicht trotz der massiven Informationskampagne nicht in ausreichendem Maße erreicht. Eine abschließende Analyse steht noch aus, die Erfahrungen des Studiengebührenboykotts an der Uni Freiburg werden aber eine wertvolle Grundlage für die Arbeit in den nächsten Semestern sein.
Unabhängig vom Boykott gibt es nach wie vor auch das juristische Vorgehen gegen das Landeshochschulgebührengesetz (LHGebG). Die Musterverfahren sowie insgesamt ca. 2500 daran angeschlossene ruhende Verfahren von baden-württembergischen Studierenden liegen bei den Verwaltungsgerichtshöfen vor. Ein erster Erfolg ist dabei bereits zu verbuchen: Die Einschüchterungsversuche des Wissenschaftsministers in Form einer groß angelegten Datensammlung bei den Klägerinnen und Klägern konnte nach öffentlichem Druck und der Einschaltung des Landesdatenschutzbeauftragten gestoppt werden. Zahlreiche renommierte Rechtsexperten bescheinigen den Gebührenklagen auch inhaltlich gute Erfolgsaussichten.
„Auch wenn natürlich eine gewisse Enttäuschung dabei ist, dass wir in Freiburg das Quorum nicht erreicht haben sind wir zuversichtlich auf anderem Wege gegen ein ungerechtes und für das gesamte Bildungssystem schädliche Gesetz Erfolg zu haben“, so Greschbach abschließend.
Für Rückfragen und O-Töne stehen Ihnen Hermann J. Schmeh und Benjamin Greschbach gerne zur Verfügung:
u-asta Uni Freiburg
Tel. 0761 203-2033
Mobil 0163 7353103 (B. Greschbach)