Rundmail Nr. 11
vom 16. Februar 2009
Liebe Klagende,
nachdem am Donnerstag die Verhandlung der Klagen gegen Studiengebühren stattfand, wurde heute das Urteil verkündet: Die Richter am Verwaltungsgerichtshof (VGH) halten Studiengebühren für verfassungsgemäß.
Eigentlich bedeutet das aber nur, dass sie nicht von der Verfassungswidrigkeit der Studiengebühren überzeugt sind, denn das wäre nötig gewesen, damit sie den Fall dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorlegen können. So blieb ihnen also nur die Abweisung der Klage.
In der mündlichen Verhandlung wurden letztendlich nur die in den Schriftsätzen der Anwälte angeführten Argumente wiederholt. Unterhaltsam war es trotzdem. Mit ihrem gefestigten Standpunkt, Studiengebühren seien sozial verträglich und nicht abschreckend, wirkte die Gegenseite fast ein wenig lächerlich. Tatsächlich ging es um die Frage, ob die sozialen Folgen und der Abschreckungseffekt die Schwelle überschritten haben, ab der ein Verstoß gegen den UN-Sozialpakt und das Grundgesetz vorliegt. Spannender als das Urteil selbst wird die Urteilsbegründung sein, die in den nächsten Wochen zu erwarten ist und Aufschluss über die richterliche Einschätzung der Rechtslage geben wird.
Im Ergebnis bleibt also ein für uns negatives Urteil, mit dem wir rechnen mussten. Damit haben wir die nächste Hürde auf dem Weg zum Bundesverfassungsgericht nach Karlsruhe genommen. Als nächste und letzte Hürde käme nun das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, dass über unsere mögliche Revision gegen die vorangegangenen Urteile zu entscheiden hat. Danach erst ist eine Verfassungsbeschwerde möglich.
Das alles kostet leider viel Zeit, aber leider ist das der einzige Weg, um auf rechtlichem Wege den politischen Protest aufrecht zu halten.
Uns ist klar, dass bis jetzt alle Prozesse gegen Studiengebühren verloren wurden, und es wäre vermessen zu sagen, dass unsere Chancen, das Gesetz irgendwann zu kippen, mehr als nur gering sind. Trotzdem haben die Klagen schon einige Wirkung entfaltet, und zwar nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch und gerade bei den Entscheidungsträgern.
So kann man die letzte Gesetzesänderung in Baden-Württemberg – die in der Verhandlung in Mannheim eine wichtige Rolle spielte; in unserer, wie auch in der Argumentation der Hochschulen – auf den anhaltenden politischen Druck zurückführen.
Sowohl die Anhebung der Altersgrenze von Kindern von 8 auf 14 zur Befreiung der Eltern, wie auch die neue Geschwisterreglung, sind eindeutig und direkt als Reaktion der Landesregierung auf die Klagen zu sehen. Vor Gericht wurde auch sehr deutlich, dass es da überhaupt keine Argumente gab. Auch und gerade, warum denn die Ausweitung der Elternbefreiung ein halbes Jahr vor allen anderen Änderungen des Gesetzes in Kraft getreten ist, konnte nicht begründet werden. Wir aber wissen, dass es nur darum ging, vor Gericht besser da zu stehen. Denn eine Klägerin hat Kinder über 8, aber unter 14 Jahren und ist somit kurz vor dem Prozess von Studiengebühren befreit worden.
Insgesamt wird am Ende der gerichtlichen Aufarbeitung des Studiengebührenthemas eine Grundsatzentscheidung stehen, die allen Ländern, nicht nur Baden-Württemberg, eine rechtliche Grenze für die Ausgestaltung des Bezahlstudiums zieht. Die Klagen sind somit in jedem Fall ein (politischer) Erfolg.
Allen KlägerInnen ist trotz alledem zu raten, ihre Klagen aufrecht zu halten. Wie schon mehrmals ausgeführt, schadet es nicht. Zwei Drittel der gezahlten Gerichtskosten bekommt ihr auf jeden Fall wieder, das andere Drittel ist sowieso weg, wenn verloren wird. Aber eine gewisse Chance zu gewinnen ist immer gegeben.
Soviel für heute.
Bis bald,
der AK Klage