Reden der u-asta Abschiedsfeier
Begrüßung und das letzte Jahr des u-asta…
Rebekka Blum, Hannes Hein und Anna Tenberg, aktueller u-asta Vorstand
Hannes: Hallo wir sind Rebekka, Anna und Hannes, der letzte u-asta Vorstand. Wir begrüßen euch herzlich zu unseren großen u-asta-Abschiedsfeierlichkeiten und freuen uns total dass so viele u-lumnis, aber auch aktuell Aktive gekommen sind, um gemeinsam das Ende des u-asta zu feiern und sich an die letzten 36 Jahre der politischen Studierendenvertretung hier in Freiburg zu erinnern.
Anna: Das waren ja durchaus sehr turbulente Zeiten mit Bildungsstreik, Boykott, Streit mit dem Rektorat und vielem mehr. Zu der Geschichte des u-asta hier in Freiburg wird auch Lenni gleich noch etwas sagen. Wir freuen uns aber auch sehr darauf Anekdoten und Geschichten von vielen von euch später auch in einem kleineren, inoffiziellen Rahmen zu hören.
Rebbe: Das Ende des u-asta ist für uns alle ein Grund zu feiern, denn eine der jahrelangen Hauptforderungen des u-asta, die Wiedereinführung der Verfassten Studierendenschaft, für die wir jahrelang gekämpft haben, ist nun endlich erfüllt worden. Schon daran sieht man wie wichtig und erfolgreich die politische Arbeit der letzten 36 Jahre war. Wenn wir dann noch sehen, dass wir keine Studiengebühren mehr blechen müssen, können wir vom aktuellen Vorstand vor allem eines tun, danke sagen für euer Engagement und eure Energie, die ihr in die Hochschulpolitik und Politik gesteckt habt. Ihr habt es ermöglicht, dass wir heute hier stehen können und das Ende dieser grandiosen Zeit feiern können.
Hannes: Ja wir freuen uns, dass der u-asta nun Geschichte werden kann, da wir jetzt ein politisches Mandat als Studierendenvertretung bekommen, aber sentimental, dass diese tolle Zeit zu Ende geht, sind wir auch. Um nicht allein sentimental zu sein und das Ende des u-asta Sang- und Klanglos zu besiegeln sind wir alle hier.
Da einige von euch vielleicht schon eine Weile raus aus der Hochschulpolitik hier in Freiburg sind und uns schon einige Fragen beim Verschicken der Einladungen für diese Feier gestellt wurden, wollen wir kurz erklären, wie der u-asta im Moment aufgebaut ist, was wir so machen und die aktuelle u-Struktur kurz (und wir versprechen uns, uns kurz zu halten) vorstellen.
Anna: Viele kennen dieses Schaubild sicher in- und auswendig oder waren bei der Erarbeitung dabei. Dieses Modell gilt seit Anfang der 90er. Es ist basisdemokratisch aufgebaut, alle Studierende können sich jederzeit aktiv in ihren offenen u-Fachschaften engagieren, mitbestimmen, sich einbringen. Aus jeder Fachschaft geht eine Vertreterin oder ein Vertreter in die wöchentlich stattfindende Fachschaftenkonferenz, hier hat jede Fachschaft eine Stimme.
Basisdemokatie, also die ständige Möglichkeit sich, fernab von Parteibüchern und Parteiprogrammen, zu engagieren ist uns sehr wichtig, deshalb findet auch mindestens ein mal im Semester eine Vollversammlung aller Studierenden statt.
R: Die inhaltliche Arbeit findet vor Allem in den Referaten statt. Wir sind sehr stolz, dass wir im Moment sehr viele, sehr aktive Referate haben, insgesamt 13, wobei wohl nächste Woche eventuell noch ein weiteres (nämlich Kultur) dazu kommt. Die Referate arbeiten zu verschiedenen inhaltlichen Themen (wir haben das, seit 15 Jahren bestehende, sehr aktive Schwulesbi-Referat, das HoPo-Referat, die gerade aktuell einen Fragebogen zu den Prüfungsämtern erarbeitet haben ,das Studierenden ohne Hürden-Referat, das sich für ein barrierefreies Studieren und Leben einsetzt, das Referat für politische Bildung mit dem Themenschwerpunkt: die Extreme Rechte, das Lehramtsreferat, das aktuell zur Lehramtsstudiumsreform arbeitet und auch auf Landesebenevernetzt ist. Außerdem das Außenreferat, das die Vernetzungsarbeit in Ba-Wü und bundesweit übernimmt, außerdem das Genderreferat, das Antifareferat und das Referat für Ideologiekritik. Auch wenn das PR-Referat gerade nicht besetzt ist, haben wir Menschen die eine Art Schatten-PR-Referat führen und uns beim Layouten und Designgen unglaublich gut unterstützen.
H: Wir als Vorstand schauen vor allem, dass der Laden zusammenhält und sind Hauptansprechpartner*innen für die Studis, das Rektorat und die Presse. Wir führen also die Beschlüsse und Positionen der Studierendenschaft aus und repräsentieren sie nach Außen. Das ist natürlich ein fulltime-Job, der uns aber dank der ganzen vielen Menschen die uns unterstützen und uns zur Seite stehen auch richtig viel Spaß macht.
Jetzt ist ist die Frage was im u-asta in der letzten Zeit so passiert ist, woran wir gearbeitet haben. Studiengebühren haben wir ja zum Glück keine mehr, also könnte man von außen denken, wir hätten praktisch nur noch an der Wiedereinführung der Verfassten Studierendenschaft gearbeitet hätten.
Dem ist definitiv nicht so. Zu der intensiven Arbeit an der Wiedereinführung der VS sagen wir später nochmal etwas, jetzt wollen wir euch aber erstmal einen kurzen Überblick über unsere Arbeit zu anderen Bereichen geben.
R: Ein großes Thema, zu dem wir in letzter Zeit intensiv gearbeitet haben ist die Wohnraum und Freiraumproblematik in Freiburg. Wir haben zwei Demos im letzten Herbst/Winter unterstützt, Demoaufrufe, Pressemitteilungen und Reden geschrieben, um auf die prekäre Wohnraumsituation insbesondere für Studis, aber generell für alle Nichtspitzenverdiendenen aufmerksam zu machen.
Aber nicht nur die Wohnraumsituation in Freiburg ist prekär, auch bestehende Freiräume sind gefährdet. Da ist vor allem das Kultur-Café(kurz KuCa) an der PH Freiburg zu nennen, das im Herbst 2014 geräumt werden soll, ohne dass sich um geeigneten Ersatz bemüht wurde. Wir versuchen natürlich mit Pressearbeit den UStA an er PH kontinuiertlich zu unterstützen. Erst vor drei Wochen haben die Studis der PH mit einer kurzzeitigen Besetzung eines Bahnhofgebäudes in Littenweiler deutlich gemacht, mit welchen Protesten zu rechnen ist, wenn es keinen geeigneten Ersatz zum jetzigen KuCa gibt. Wir hoffen, dass es für das KuCa eine Lösung gibt und wir hier in Freiburg nicht bald vor einem ähnlichen Scherbenhaufen stehen, wie die Studis und Aktivist*innen in Frankfurt, denen ihr geliebtes IvI einfach weggenommen wurde. Dem Freiburger Gemeinderat muss klar gemacht werden, dass eine geeignete Lösung für das KuCa gefunden werden muss. Deshalb: KuCa bleibt!
A: Sehr erfolgreich war auch unsere politische Arbeit zu Studentenverbindungen und Burschenschaften. Zu Beginn des Wintersemesters gab es wieder eine Infoveranstaltung, vor allem auch für Erstis, zu Korporationen und Burschenschaften. Außerdem haben wir immer wieder kritische Berichte zu den aktuellen Entwicklungen innerhalb der Deutschen Burschenschaft verfasst. Höhepunkt dieser Arbeit war unsere Kampagne gegen das im April auf dem Haus der Freiburger DB-Burschenschaft Saxo-Silesia geplante Schulungseminar der DB, bei der die jungen Burschen in ihren ultra-rechten Ansichten gestärkt werden sollten. Im Vorfeld der geplanten Kaderschulung haben wir kritisches zum Dachverband der Deutschen Burschenschaft und der geplanten Kaderschulung zusammengetragen und dazu beigetragen, dass in der Öffentlichkeitdarüber berichtet und diskutiert wurde. Mit weiteren Gruppen haben wir auch eine Kundgebung gegen Burschenschaften und einen Vortrag organisiert und zu einer Blockade des Seminars mobilisiert. Der breite Protest hat schließlich zu der Absage der Kaderschulung geführt. Also ein voller Erfolg!
R: Wir haben aber nicht nur politische Arbeit, sondern auch jede Menge hochschulpolitische Arbeit geleistet. So haben wir den Ausstieg aus dem umstrittenen CHE-Ranking wieder auf die Tagesordnung gebracht und den Ausstieg aus dem Ranking im Senat beantragt. Im Vorfeld zur Entscheidung im Senat wurde darüber in den verschiedenen Fakultätsräten beraten und abgestimmt. Für die Diskussion konnten wir schon bestehendes Material, aber auch neue Texte zur Info beisteuern. Sechs Fakultäten haben für den Ausstieg gestimmt, vier waren dagegen und eine Fakultät war unentschieden. Im Senat am Mittwoch wurde dann darüber abgestimmt. Leider hat der Senat die Zeichen der Zeit und das Votum der Fakultäten und insbesondere der Studierenden - mal wieder - ignoriert. Nun haben wir anstatt des Votums für einen Ausstieg eine lasche Stellungnahme des Senats in dem es heißt, das Rektorat solle sich bemühen auf eine Verbesserung des CHE-Rankings hinzuwirken und wenn dies in einem Jahr nicht verbessert sei, könne man über einen Ausstieg erneut im Senat diskutieren. Das war mal wieder eine typische Senats-nicht-Entscheidung. Aber immerhin haben wir dafür gesorgt, dass das CHE-Ranking in vielen verschiedenen Gremien intensiv diskutiert und kritisiert wurde. Wir hoffen jetzt, dass die sechs Fakultäten die dem Ausstieg zugestimmt haben alle aussteigen und somit ein Zeichen setzen. Naja so haben wir den Studis die nächstes Jahr im Senat sind auch noch eine Baustelle übrig gelassen :)
H: Ein weiteres Thema, dass uns sehr in unserer Amtszeit beschäftigt hat war die Festschreibung einer Ziviklausel in der Grundordnung der Uni Freiburg. Bei der Grundordnungsänderung im November letzten Jahres ging sie leider, aus formal-juristischen Gründen noch nicht durch. Allerdings wurde nun eine, mit dem Wissenschaftsministerium abgeklärte Formulierung gefunden und uns versprochen dass die Zivilklausel in die kommende Grundordnungsänderung, die im Oktober diesen Jahres, wegen den Veränderungen bzgl. der Verfassten Studierendenschaft ansteht, mit aufgenommen wird. Wir werden alles dafür tun, dass wir nicht wieder so dreist von Seiten der professoralen Mitglieder und insbesondere des Rektorats ignoriert werden.
A: Nun aber genug von unserer täglichen Arbeit. Wir wollen die Abschiedsfeierlichkeiten ja auch nutzen um an die bewegte Geschichte des u-asta zu erinnern. Deshalb freuen wir uns, dass Lenni viel Zeit in unserem Archiv verbracht hat und nun einige Höhepunkte und lustige Anekdoten vorstellen wird.
Über 30 Jahre nur Ärger & Randale – Eine kleine Geschichte des u-asta
Lennart Lein, u-asta Vorstand 2011/2012
Liebe Genossinnen und Genossen,
Liebe Freundinnen und Freunde,
Liebe Gegnerinnen und Gegner, Verehrte Gäste,
Es freut mich sehr, dass wir heute hier sind, um den Abschied vom u-asta zu feiern. Ich darf heute einen kurzen Abriss über die Geschichte des u-asta präsentieren.
Ich habe diesen Vortrag in ähnlicher Form bereits vor einem Jahr schon einmal gehalten. Wer ihn jetzt zum zweiten Mal hört, den bitte ich, die Wiederholungen zu entschuldigen.
Kurz zu meiner Person: meine Name ist Lennart Lein. Ich studiere Geschichte, Politikwissenschaften und Englisch auf Staatsexamen und war im akademischen Jahr 2011/12 Mitglied im Vorstand des u-asta.
Kommen wir also zur Sache: Der u-asta wurde 1978 gegründet, weil die offiziell im Gesetz verankerten Studierendenvertretungen (Asten) per Beschluss des Landtags vom 10.11.1977 in ihrer Arbeit stark eingeschränkt wurden. Wie kam es dazu? Und wie entstand der u-asta?
Die Antwort auf solche Fragen findet der oder die historisch Interessierte – wie könnte es anders sein – im Archiv. In diesem Fall das Archiv des u-asta.
Wie Sie sich vielleicht denken können, habe ich etwas Zeit gebraucht, bis ich das gefunden habe, was ich suchte. Allerdings habe ich dann doch genug AStA bzw. u-asta Infos, AStA-Protkolle und Schriftwechsel mit dem Rektorat gefunden, um Ihnen die Grundzüge des Geschichte des u-asta halbwegs informiert darzulegen.
Im Zuge der Überarbeitung des Hochschulrahmengesetzes Anfang der 1970er Jahre wurde auf Drängen der Union die darin festgeschriebene Verankerung der Verfassten Studierendenschaft gestrichen. Somit war für Bayern und Baden-Württemberg der Weg frei, sich dieser zu entledigen. In Bayern war das bereits Mitte der 70er geschehen, Baden-Württemberg folgte im November 1977.
Die Abschaffung in Baden-Württemberg erfolgte auf Intiative des damaligen Ministerpräsidenten, Hans Filbinger.
Filbinger war Mitglied der NSDAP, der SA und des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes1 und bekannte sich dazu, wie auf seinem Aufnahmeantrag in die NSDAP zu lesen ist, „frei von jüdischem oder farbigem Rasseneinschlag“ zu sein und versprach ferner „als treuer Gefolgsmann des Führers die Partei mit allen [..] Kräften zu fördern.“
Filbinger bewies früh sein Gespür für richtige Entscheidungen in politisch angespannten Großwetterlagen, als er in seiner Funktion als NS-Marinerichter Deserteure, die augenscheinlich keine Lust mehr hatten, sich am deutschen Vernichtungskrieg zu beteiligen, zum Tode verurteilte. Zuletzt am 17. April 19452 – 21 Tage vor Kriegsende.
1951 trat Filbinger in die CDU ein.
Als die von ihm gesprochenen Todesurteile 1978 ans Licht kamen, kommentierte er sie mit dem viel zitierten Ausspruch: „Was damals Recht war, kann heute nicht Unrecht sein“.3 Diese Verweigerung, die Legitimität der NS-Justiz auch nur in Frage zu stellen, zeigt, wessen Geistes Kind Filbinger war. Allerdings konnte auch Filbinger sich nicht mehr lange an der Macht halten, am 7. August 1978 trat er zurück.
Diese moralische Bankrotterklärung hielt die Universität Freiburg freilich nicht davon ab, Filbinger noch im Jahr 2004 zur feierlichen Eröffnung des akademischen Jahres einzuladen – mit Platzreservierung in der ersten Reihe versteht sich. Der u-asta hat dies stets kritisiert.
Doch zurück ins Jahr 1977.
Filbinger sah die Abschaffung der VS als Schritt gegen die Radikalisierung an den Hochschulen, die im damaligen Duktus gerne als „Brutstätten des Terrorismus“ bezeichnet wurden. StudierendenvertreterInnen als Terroristen, so kann man es natürlich auch sehen. Im Deutschen Herbst, als von Teilen der CSU die Wiedereinführung der Todesstrafe gefordert wurde, waren solche Ansichten allerdings mehrheitsfähig.
Die Pläne der Landesregierung waren bereits im Vorfeld bekannt, in der Studierendenschaft regte sich Widerstand. In einer von den Studierenden organisierten Urabstimmung stimmten Anfang 1976 knapp 90% der Studierenden für den Erhalt der Verfassten Studierendenschaft, bei einer Wahlbeteiligung von 35,8%.
Allerdings schien man 1977, wenn man die Berichterstattung im asta-info als Indaktor nehmen möchte, zu gleichen Teilen mit einer Erhöhung der Mensapreise um 10 Pfennig beschäftigt zu sein.
Es wurden Urabstimmungen über einen Streik durchgeführt. Erst im Fachbereich Geschichte, später folgte die gesamte Universität.
Interessant ist, dass es offenbar zwei Urabstimmungen über den Streik gab. Eine wurde vom AstA, die andere vom sog. „Streikkomitee„ organisiert. Beide Gruppen riefen dazu auf, die Wahl der jeweils anderen zu boykottieren.
Der Streik war am Ende erfolglos, die VS wurde und blieb abgeschafft, der AStA wurde abhängig vom Rektorat und mundtot. Er war nicht mehr rechtsfähig, ihm wurden seine Finanz- und Satzungsautonomie entzogen. Seine Aufgaben wurden darauf beschränkt, an musischen, sportlichen und kulturellen Belangen der Studierenden mitzuwirken.
Das Eigentum der VS (u.a. eine erst kürzlich erworbene Druckmaschine und einige Tennisplätze) wurden an die Universität übertragen. Dies geschah mit der Maßgabe, dass sie für studentische Belange verwendet werden mussten. Dass z.B. auf der Druckmaschine nur Broschüren des AStA gedruckt wurden, wage ich zu bezweifeln.
1978 folgte die Gründung des u-asta. Getragen wird er von einem e.V., im Volksmund nur Kasse e.V. genannt. Dieser Verein besteht seit Dezember 1977.
Damals warb man mit dem Slogan „Bildet Fachschaften“ um Unterstützer für das neue fachschaftsbasierte Modell. Auch zu einer freiwilligen Abgabe von 10 DM wurde aufgerufen. Den offiziellen AStA bezeichnete man hingegen nur noch als „KAStRA“. Bei den nächsten Wahlen erhielt eine das U-Modell stützende Koalition die absolute Mehrheit – und so geht es im Grunde bis heute.
Was also ist der u-asta? Hören wir uns doch mal einen Erklärungsversuch erklärter GegnerInnen an.
Ich darf aus „ASTArix“, einer Ersti-Broschüre des RCDS Mitte der 80er zitieren:
„Der u-asta ist kein gesetzlich verankertes Gremium. Er wird wie die Fachschaften von linken Gruppen privat betrieben und ist damit, so offiziell die Bezeichnung auch klingt, nicht an der Uni institutionalisiert und somit eine rein private Verbindung wie jeder andere Kaninchenzuchtverein oder Fußballclub. Er hat sich ein allgemeinpolitisches Mandat gegeben und schimpft nun über die NATO u.ä.
Dieses Auftreten soll den Studenten vorspielen, der „U-AStA“ sei das einzige Gremium, in dem Studentenvertretungsarbeit möglich ist, und der AStA, das offizelle Organ, sei in der heutigen Form, nach Abschaffung der Verfassten Studierendenschaft, unbrauchbar.“
Weiter heißt es: „Unser Ansicht nach beweisen diese Methoden, dass die Gruppen Juso, MSB und GEW als Studentenvertretung unbrauchbar sind und niemals im Interesse von uns Studenten arbeiten wollen, sondern, so bürgerlich engstirnig oder pathetisch es klingen mag, eine Gesellschaftsveränderung im Sinne „Fortschrittlicher Demkraten“ [sic] nach östlichem Strickmuster wollen.“
Nun gut, das kommt der Sache im manchen Punkten schon ziemlich nahe. Der RCDS hat ganz richtig erkannt, dass der u-asta von einem privaten Verein (Kasse e.V.) getragen wird.
Der u-asta tritt dem öffentlichen mit dem Vereinsrecht entgegen. Er übernimmt die politische Vertretungsarbeit für die Studierenden. Der mundtote AStA kann dies schließlich nicht. In diesem Rahmen nimmt der u-asta ein politisches Mandat war, was sollte er als politischer Akteur auch anderes tun. Und ja: der AStA ist – wie bereits geschildert – unbrauchbar. Der RCDS selbst hatte ein u-Modell Ende der 70er im Übrigen noch befürwortet.
Eine Umstrukturierung nach „östlichem Strickmuster“ ist im Übrigen nach aktueller Beschlusslage nicht das Ziel des u-asta.
Die Konsequenzen der Entmündigung der Asten waren ganz real. Gegen Verantwortliche im Sinne des Pressegesetzes wurden Ordnungsverfahren eingeleitet. Das asta-info vom 8.12. 1977 titelte passend: „In Baden-Württemberg alles in Ordnung. Es gibt keine Zensur der Asten“.
Finanziell war man dank freiwilliger Spenden und einer schwarzen Kasse von fast 40.000 DM in der Lage zu überleben. Zur Herkunft dieser 40.000 DM Schwarzgelder gibt es folgende Anekdote: frei vorgetragen
Werbeeinnahmen für Plakatfront - Privatkonto - Über UC Cafe - 40.000 in Bar, große Scheine - „dir ein Tausender, dir ein Tausender“
Wenden wir uns der Entwicklung des noch jungen u-asta zu. Die 80er Jahre sind vor allem von Auseinandersetzung mit dem Rektorat geprägt. In einem internen Papier wird gewarnt, dass gegenüber dem Rektorat „höchstes Misstrauen“ zu wahren sei. Die politischen Positionen waren damals deutlich linker, zumindest wenn man gängigen rechts-links Schemata folgt. Ich möchte ihnen zwei Quellen vorstellen, die die politische Atmosphäre dieser Zeit meiner Ansicht nach ganz gut einfangen.
1. Eine Streit um eine Einladung zu einer AstA-Sitzung im Jahre 1980
Siehe Anlage 1 und 2
2. Das Protokoll der AstA-Sitzung vom 27.10. 1983
Siehe Anlage 3
In den 1980ern wurde das u-Modell aus einer Koalition aus GEW, Liberalem Hochschulverband (LHV), dem Soziallistischem Hochschulbund (SHB) und dem Marxistischen Bund Spartakus (MBS) getragen. Damals gab es noch ein sogenanntes StuPa, also ein repräsentativ-demokratisches Studentenparlament.
Anfang der 90er Jahre wurde das u-Modell überarbeitet. Neben das StuPa trat eine Fachbereichskonferenz (FBK), in der die Fachschaften vertreten waren. Damit bewegte sich der u-asta in Richtung Basisdemokratie. Diese Bewegung wurde zum Sommersemester 19936 vollendet, als das StuPa abgeschafft wurde.
Mit dieser Reform bekam der u-asta seine heutige Struktur. Seitdem ist er basisdemokratisch organisiert. Diese Entwicklung war einigen Gruppen zuwider. Den Jungsozialisten war so viel gelebte Utopie dann doch zu viel des Guten, sie schieden aus der u-asta Koaltion aus.
Der u-asta hat in seiner Geschichte vieles mitgemacht: den Freiburger Frühling 1989, den Hochschulstreik 1997, den zweiten Freiburger Frühling 2005, die Einführung der allgemeinen Studiengebühren im Jahr 2007.
Auf all das kann ich hier nicht detailliert eingehen, an jedem dieser Ereignisse hängt ein eigenes Stück Geschichte, ein eigener Ordner im u-asta Archiv.
Doch einige Ereignisse aus der jüngeren Geschichte möchte ich noch kurz erwähnen, zumal sie in meine Amtszeit gefallen sind. Nach dem überraschenden Wahlerfolg von Grün-Rot im März 2011 eröffneten sich noch wenige Monate zuvor nicht erträumte Perspektiven:
Nicht nur, dass die Abschaffung der Studiengebühren in greifbare Nähe rückte. Ferner bestand endlich die Chance, die Kernforderung des u-asta, die in der Präambel seiner Satzung verankert ist, umzusetzen:
„Die Unabhängige Studierendenschaft setzt sich ein für die Wiedereinführung einer demokratischen Verfassten Studierendenschaft mit politischem Mandat, Finanz- und Satzungsautonomie.“
Ich spreche hier bewusst von „greifbare Nähe“ und „Chancen“, denn eine Aussage im Wahlprogramm oder im Koalitionsvertrag ist erst einmal nicht mehr als ein politisches Versprechen: Das wissen nicht nur die Studierenden in Hamburg, die unter Beteiligung der Hamburger Grünen nachgelagerte Studiengebühren aufgebrummt bekommen haben. Aktuell kann man gut beobachten, wie Grün-Rot von der im Koaltionsvertrag festgeschriebenen Abschaffung der Hochschulräte nicht nur abrückt, sondern sich im Laufschritt davon entfernt.
Allerdings sind die Studiengebühren abgeschafft worden – wenn auch ein Semester zu spät – und entgegen aller Unkenrufe war das Land in der Lage die ausfallenden Mittel zu kompensieren, auch wenn gerne das Gegenteil behauptet wird.
Und wie Sie dem Titel der heutigen Veranstaltung unschwer entnehmen können, ist das Kernziel des u-asta erreicht: Sich selbst überflüssig zu machen und eine handlungsfähige, mündige Studierendenvertretung zu schaffen. Ganz ohne u.
Ich komme also zum Schluss. Wenn man unterstellt, dass man aus der Geschichte lernen kann, was lernen wir dann aus der Geschichte des u-asta?
Eine wichtige Lektion möchte ich gleichzeitig als Warnung formulieren. Falls von Seiten der Politik Versuche unternommen werden sollten, die Mündigkeit und die Handlungsfähigkeit der Studierendenvertretungen erneut einzuschränken, sage ich ganz klar: Nicht mit uns! Wir haben über 30 Jahre Erfahrung darin, uns gegen ein Demokratieverständnis von Vorgestern zu wehren. Wir haben – mit Verlaub – mehr Erfahrung als sie. Was auch immer sie unternehmen. Wir lassen uns nicht entmündigen, also lassen sie etwaige Versuche gleich bleiben.
Der u-asta hat mehr als drei Jahrzehnte lang gezeigt, dass sich Grundrechte nicht verbieten lassen. Man bekommt sie aber auch nicht, indem man untertänig darum bettelt, sondern als mündiges Wesen auf Augenhöhe im politischen Diskurs sowohl innerhalb als auch außerhalb von Parlamenten mitwirkt. Und dass man sich auch selbst helfen kann und manchmal auch muss, um die eigenen Grundrechte und die anderer zu verteidigen.
Ferner hat gerade das letzte Jahrzehnt gezeigt, dass basisdemokratische Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozesse funktionieren. Auch wenn es anstrengend ist, auch wenn es viel Zeit und Energie kostet, funktioniert es. Das heißt nicht, dass das u-Modell ohne Schwächen war. Allerdings bin ich zuversichtlich, dass die Organisationform, für die sich die Studierenden entschieden haben, die Chance bietet, die Stärken des u-Modells in die VS mitzunehmen.
Ich möchte zum Schluss allen, die auf diese oder jene Weise zum Erhalt des u-Modells an der Uni Freiburg beigetragen haben, ausdrücklich danken. Es hat Jahrzehnte gedauert, aber euer, unser Widerstand war richtig und am Ende auch erfolgreich. Der u-asta wird Geschichte. Wir haben's geschafft! Lasst uns feiern!
Anmerkungen:
Ich bin von mehreren Seiten auf Ungenauigkeiten und Fehler in diesem Vortrag hingewiesen worden. Diese Hinweise nehme ich dankbar auf und möchte sie an dieser Stelle dokumentieren:
1. Sitz des AstA: In der Anekdote über die Herkunft der Schwarzgelder, die im Manuskript nur in Stichpunkten auftaucht, wird fälschlicherweise behauptet, der AstA habe damals über dem „UC-Cafe“ residiert. Tatsächlich war er über dem „Aspekte“ untergebracht. Außerdem wurden einige weitere Details der Anekdote bemängelt.
2. Abschaffung des StuPa: Das Studierendenparlament wurde formal 1998 und nicht, wie im Vortrag behauptet, 1993 abgeschafft. Allerdings war das StuPa in dieser Zeit wenig aktiv – sein Zustand wurde von Zeitgenossen mit dem Begriff „Siechtum“ umschrieben –, weswegen schon im Sommersemester 1993 Infografiken ohne StuPa im u-asta Info auftauchen.
… und der Endspurt in die Verfasstheit
Rebekka Blum, Hannes Hein und Anna Tenberg, aktueller u-asta Vorstand
R: Während Laura von unserem Vorgänger*innenvorstand und Sprecherin der Landesstudierendenvertretung 2010-2012 sich mit Abgeordneten, Rektoren und verschiedenen Parteivertreter*innen bei der VS-Einführung rumschlagen musste, ging es hier in Freiburg nach der Landtagswahl 2011 los. Klar, die Wiedereinführung der Verfassten Studierendenschaft war immer schon eine zentrale Forderung des u-asta, doch nach 34 Jahren mit CDU-geführten Landesregierungen, die unsere Forderungen geflissentlich ignorierten, mussten wir uns erstmal ein paar Gedanken darüber machen, was das überhaupt heißt: Die Wiedereinführung der Verfassten Studierendenschaft.
A: Schnell formierte sich ein AK VS, der mit der ersten Veranstaltung, einem World-Café, den Kampf gegen die Unwissenheit und Uninterressiertheit in der Studierendenschaft antrat. Im Laufe des Wintersemesters 2011/2012 gab es eine Veranstaltungsreihe mit dem Namen “VS konkret” mit monatlichen Diskussionsabenden und verschiedenen Arbeitsgruppen zu den Bereichen der VS: Gremien, Entscheidungen, Politisches Mandat, Urabstimmung, Fachschaften, Finanzen und Angebote der VS für Studierende. Bei diesen Treffen wurde eher nicht so konkret jede Einzelheit dieser Bereiche durch diskutiert und dabei füllte diese Arbeit hunderte bunte Zettelchen, Plakate und Stimmungsbilder und natürlich durften Klebepunkte dabei nicht fehlen.
H: Mit diesen Veranstaltungen wurde eine differenzierte Grundlage geschaffen, um dann mit dem Satzungsschreiben zu beginnen. Die große Kunst war es, die vielen politischen Ideen in einen rechtssicheren Text zu gießen. Dies war oft nicht einfach und für Nicht-Jurist*innen oft auch unverständlich. Deshalb hier ein besonderer Dank an Hermann J. Schmeh, Anna, Lena Herbers und Vincent Heckmann, die einen Großteil dieser Arbeit geleistet haben. So entstanden im näheren u-asta Umfeld gleich drei unterschiedliche Satzungen: Das Fachschaftenmodell, welches direkt an die basisdemokratischen u-asta Strukturen anknüpfen will, das Neue Mischmodell, das in der Legislative neben den Fachschaften auch 10 Abgeordnete vorsieht und das 1-zu-1 Mischmodell, bei dem die Legislative jeweils zur Hälfte aus Fachschaften und Abgeordneten besteht. Die Idee des 1-zu1-Mischmodelles wurde außerdem von der Juso-Hochschulgruppe unterstützt, die sich dann auch im wesentlichen um den Wahlkampf kümmerte. Daneben wurde auch noch von der Liberalen Hochschulgruppe und dem Ring Christlicher Studenten ein reines Studierendenparlament eingereicht. Außerdem entwarf ein Medizinstudent ein quotierbares Parlament, was aber kein Mensch verstanden hat, nicht mal die Rechtsberatung.
R: Mit dem Schreiben der Satzungen war der Prozess aber noch lange nicht abgeschlossen. Der juristische Text musste nun wieder zurückübersetzt werden, um die Inhalte den Studierenden näher zu bringen. Damit fing dann auch schon die Vorbereitung des ersten Wahlkampfes an. Etliche Stunden wurden mit Plakate designen, Transpis malen und Flyer gestalten verbracht.
In der heißen Wahlkampfwoche wurde dann fleißig plakatiert, es wurden etliche Flyer verteilt und Gespräche an Infoständen geführt. Vom 29.04. bis zum 02. Mai waren dann alle Studierende zur Abstimmung aufgerufen.
Mit Spannung wurde am letzten Abstimmungstag das Ergebnis der 1. Urabstimmung verfolgt. Dann war auch klar: Das Neue Mischmodell und das Fachschaftenmodell kommen in die zweite Urabstimmungsrunde, da kein Modell die gesetzlich geforderte absolute Mehrheit erhielt. Immerhin konnte durch die massiven Werbeaktionen eine vergleichsweise gute Wahlbeteiligung von über 18% erreicht werden. Schon jetzt war klar, dass die neue Studierendenvertretung dem u-Modell im wesentlichen sehr ähnlich sein wird, denn bei beiden noch übrigen Modellen stehen die offenen Fachschaften und weitere basisdemokratische Elemente wie Vollversammlung und Urabstimmung im Mittelpunkt.
A: Mit diesem Ergebnis begann dann der Wahlkampf für die zweite Urabstimmung und damit wieder von vorne.
Die zweite Urabstimmung lieferte dann am 14.-16 Mai ein eindeutiges Votum: Das Neue Mischmodell konnte mit ⅔ der Stimmen die Wahl gewinnen. Auch die Wahlbeteiligung war mit 14 % noch erstaunlich hoch.
Am Abend der Ergebnisverkündigung fiel die ganze Anspannung von uns ab und dies gipfelte dann in einer ausgelassenen Konfettiparty. (Weil wir eine Woche vorher einen neuen Aktenvernichter angeschafft hatten).
Nach über 4 Wochen Dauerstress waren wir wirklich alle ausgebrannt und sind nun richtig froh, dass der VS-Wahlkampf ein so tolles Ende gefunden hat.
Das neue Mischmodell wurde von Lena, die lange im AkJ aktiv war, in der Grundordungskommission mitgearbeitet hat und mittlerweile Referentin für Ideologiekritik ist und von Vincent, der 2010/11 u-asta-Vorstand und zeitweise Lehramtsreferent sowie Referent für politische Bildung war, eingereicht. Das Engagement im u-asta der beiden lässt erkennen, dass ihnen eine Kontinuität zum jetztigen u-asta am Herzen liegt. Zwar ist das Neue-Mischmodell nicht eine direkte Weiterführung des u-asta-Modells, aber die wichtigsten Grundsätze des u-asta sind auch hier enthalten.
H: So wird das Legislativorgan im Neuen-Mischmodell, der Studierendenrat, zum größtenteil basisdemokratisch durch offene Fachschaften gebildet. Es wird in Zukunft 33 offene Fachschaften geben. Das Gesetz hat uns vorgegeben, dass wir eine gewisse Stimmgewichtung vornehmen müssen, so haben kleine Fachbereich bis 300 Studierende 2, Fachbereiche bis 1200 Studis 3, und Fachbereiche mit mehr als 1200 Studis 4 Stimmen. Ergänzend sitzen im StuRa 10 Initiativen die je eine Stimme haben. Das Auszählverfahren für die Initiativen, das sogenannte Adamsverfahren, sorgt dafür, dass möglichst viele verschiedene Initiativen im StuRa sitzen und es somit nicht zu großen Fraktionen mit viel Macht kommt. Ergänzend zum StuRa gibt es noch ein mal im Jahr stattfindende Vollversammlungen und zu besonders wichtigen Entscheidungen kann es Urabstimmungen geben.
Die Exekutive, der AStA, wird aus den Referaten, die wie im jetztigen u-Modell zu inhaltlichen Themen arbeiten und dem Vorstand, der auch in Zukunft aus hoffentlich mindestens drei Personen besteht, gebildet. Es wird einige autonome Referate geben, die Studierende die aufgrund ihrer Herkunft, ihrer sexuellen Orientierung, ihres Geschlechts, familiären Verpflichtungen, einer Behinderung oder chronischer Krankheit, marginalisiert werden, vertreten.
A: Jetzt liegen aber noch einige weitere Herausforderung vor uns. Die neuen Posten der Studierendenschaft werden schon Anfang Juli gewählt, damit steht der 3. Wahlkampf und vor allem viel Informationsweitergabe vor uns. Außerdem will eine VS ja auch noch eine Finanz-, Geschäfts- und Wahlordnungen haben. Aber nicht nur die neue VS muss vorbereitet werden, auch der u-asta muss sein formales Ende noch finden. Dabei müssen wir insbesondere darauf achten, dass unser Archiv sortiert wird und dann in gute Hände übergeben werden kann.
R: Wir hoffen ihr habt nun einen guten Überblick über die Arbeit rund um den u-asta und die Verfasste Studierendenschaft bekommen. Falls nicht kommt einfach auf uns zu und löchert uns mit Fragen.
Anschließend findet jetzt in der Prometheushalle eine kleiner Empfang statt. Hier haben wir auch eine kleine Auswahl an Fotos zusammengestellt und möchten euch bitten diese Fotogalerie mit Namen der Personen auf dem Foto den Anlass, Gegebenheiten und Kommentare zu ergänzen.
Nach dem Empfang laden wir euch herzlich ins Studierendenhaus in der Belfortstraße 24 ein, wo neben einem gemütlichen Zusammensitzen auch das DFB Pokalfinale um 20 Uhr geschaut werden kann.
Zum Abschluss gibts dann ab 22 Uhr noch die große Abschiedsparty in der Mensabar mit Livebands und der besten Musik von 1977 bis heute. Wir hoffen viele von euch dann auch dort wieder zu sehen!