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15.10.2007: Studiengebührenbefreiung von Hochbegabten

Stellungnahme der Unabhängigen Studierendenschaft der Albert-Ludwigs-Universität

I. Sachlage

Die Universität Freiburg stellt Studierende mit einer „weit überdurchschnittlichen Begabung“ auf Grundlage des § 6 Abs. 1 Satz 3 LHGebG in folgenden Fällen frei:

  • Studierende, die ein Stipendium von einem Begabtenförderungswerk erhalten. Für deutsche Studierende gilt eine abschließende Liste auf der u. a. die „Studienstiftung des deutschen Volkes“ und die parteinahen Stiftungen
  • Studierende, die einen IQ von mindestens 130 nachweisen können, der aus einem nicht länger als 3 Monate zurückliegenden Test resultiert (IST-70, HAWIE-Test oder Aufnahmetest von Mensa e. V.). Die Befreiung wird einmalig für drei Semester ausgesprochen.

II. Position

Studiengebühren

Die Studierendenschaft der Universität Freiburg lehnt die Erhebung von Studiengebühren aus bildungs-, finanz- und gesellschaftspolitischen Erwägung grundsätzlich ab. Sie verschärfen die ohnehin vorhandene und mehrfach attestierte Ungerechtigkeit des deutschen Bildungssystems und sind nicht in der Lage auch nur ein Problem der Hochschulen zu lösen. Diese Position wird dadurch bestärkt, dass sich alle Versprechen und Prognosen der GebührenbefürworterInnen spätestens nach der Einführung allgemeiner Studiengebühren als vollständig unzutreffend herausgestellt haben.

Befreiung aus finanziellen/sozialen Gründen

Die Befreiung von Studiengebühren auf Grund finanzieller oder sozialer Gründe wird grundsätzlich befürwortet, die vorgesehenen Regelungen in diesem Bereich aber gleichzeitig als völlig unzureichend verurteilt. So sind u. a. BAföG-EmpfängerInnen, die – amtlich bestätigt – ohnehin zu wenig Geld für den Lebensunterhalt zur Verfügung haben, nicht von der Zahlungspflicht ausgenommen.

Befreiung wegen Nichtinanspruchnahme von Leistungen

Neben sozialen Kriterien sind Befreiungen nur in den Fällen gerechtfertig, in denen Studierende die „Leistungen“ der Hochschule kaum oder gar nicht in Anspruch nehmen (Urlaubs-, Praxissemester, etc.), da hier auch in der Logik der Gebührenerhebung keine Grundlage für eine Zahlungspflicht besteht.

Befreiung von „hochbegabten“ Studierenden

Die Befreiung von „hochbegabten“ Studierenden ist grundsätzlich abzulehnen, da aus der Logik der Gebührenerhebung dazu keine Notwendigkeit besteht und diese Regelung zu einer Ungleichbehandlung führt, die die soziale Ungerechtigkeit der Gebührenerhebung weiter verschärft. Selbst unter dem Aspekt der Hochbegabtenförderung ist diese Regelung nicht zielführend, stellt sie doch nur eine finanzielle Entlastung aber keine qualitative Förderung dar, die auf ggf. vorhandene spezielle Bedürfnisse der Zielgruppe eingeht.

Befreiung von StipendiatInnen

Dreiviertel aller Studierenden, die von einem deutschen Studienförderwerk ein Stipendium erhalten, bekommen lediglich ein Teilstipendium oder nur das Büchergeld, das unabhängig vom Einkommen der Eltern und ohne BAföG-Berechtigung gezahlt wird. Die große Mehrheit der Geförderten lässt sich also einer ohnehin sozial besser gestellten Schicht zuordnen.

Auch die wenigen Ausnahmen in Form einzelner Stiftungen, die finanzielle Bedürftigkeit (höher) gewichten, rechtfertigen die Regelung nicht. Im Gesamten wird mit dieser Befreiung eine kleine Minderheit (die Bundesregierung strebt eine Stipendien-Förderquote von 1 % an, 99 % der Studierenden können auf diese Form der Studienfinanzierung also auch in Zukunft nicht zurückgreifen) ohnehin bereits besser gestellter Personen weiter entlastet.

Befreiung auf Grund eines Intelligenz-Tests

Die Freistellung auf Grundlage des Ergebnisses eines Intelligenztests ist schließlich überhaupt nicht mehr nachvollziehbar und zeugt allenfalls von einem überhasteten Aktionismus der Hochschulleitung, möglichst kreative Freistellungsregelungen im Bereich der „Hochbegabungen“ zu erfinden. Das hinter einer solchen Regelung stehende Gedankengut geht von dem Konstrukt einer „reinen Intelligenz“ aus und postuliert eine angeblich biologische Grundlage als generelle Befähigung zu einem besseren Studium. Die Absurdität der Regelung wird dadurch unterstrichen, dass gerade fachnahe Expertinnen und Experten sie als völlig ungeeignet ansehen. Die Ergebnisse eines Intelligenztests können höchstens ein Faktor in einem weiten Spektrum an Kriterien sein, die Studienerfolg oder ähnliches prognostizieren sollen – und das neben einem großen Bereich überhaupt nicht messbarer Faktoren. Hinzu kommt, dass auch diese Regelung zu einer Verschärfung der sozialen Ungerechtigkeit führt, da Studierende aus ärmeren Elternhäusern entsprechenden Studien zufolge schlechtere Chancen haben, einen hohen IQ attestiert zu bekommen.

Auch wenn bei den verschiedenen Regelungen im Einzelfall der positive Aspekt der Befreiung von einer abzulehnenden Gebühr hervorstechen mag, überwiegt im Gesamten doch die Ungerechtigkeit in Form der Ungleichbehandlung nach weder notwendigen noch sachgerechten Kriterien.


III. Schlussbemerkung

Es ist der „Kampf um die besten Köpfe“, in dessen Namen die kritisierten Regelungen von der Hochschulleitung forciert werden. Dieser zweifelhafte Wettbewerb, der nach der Gebühreneinführung zwischen den Hochschulen ausgebrochen ist, dient aber grundsätzlich nicht den Studierenden. Anstatt Lehr- und Lernbedingungen zu schaffen, die die Attraktivität des Studiums an der Universität Freiburg erhöhen und somit allen Studierenden zu Gute kommen, werden einzelne – vermeintlich zu Höherem befähigte – Personen lediglich von den Gebühren befreit. Dies geschieht langfristig auch auf Kosten der weiterhin zahlungspflichtigen Studierenden, denn der Spielraum für die Einführung der dringend notwendigen Befreiungstatbestände im sozialen Bereich wird dadurch erheblich geschmälert. Baden-Württemberg besitzt eines der sozial selektivsten Bildungssysteme der Welt. Diese Ungerechtigkeit wird mit Studiengebühren im Allgemeinen und den aufgeführten Regelungen im Besonderen immer weiter verstärkt statt bekämpft.



Für Rückfragen und O-Töne stehen Ihnen Henrike Hepprich und Jonathan Nowak gerne zur Verfügung:

u-asta Uni Freiburg
Tel. 0761 203-2033
vorstand@u-asta.de
Anhänge des Artikels
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erstellt von hermann zuletzt verändert: 15.10.2007 10:18
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