26.7.2007: Alle Versprechen gebrochen
Das Rektorat der Universität Freiburg hat heute auf einer Pressekonferenz die marginalen Verbesserungen im Bereich der Lehre vorgestellt, die durch Studiengebühren finanziert worden sind. Auch wenn ein paar Euro tatsächlich an den Hochschulen ankommen, kann das nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Legitimationsgründe, die vor der Einführung der Gebühren angeführt wurden, inzwischen gänzlich weggefallen sind: Erstens haben die Studierenden kein Mitentscheidungsrecht, zweitens werden Studiengebühren in die Forschung umgeschichtet, drittens wird die abschreckende Wirkung der Gebühren bereits erkennbar.
Der sogenannte Zwölferrat, der die studentische Position zur Gebührenverwendung erarbeitet hat, konnte beziffern, daß 4,5 Mio. Euro der eingenommenen 15 Mio. Euro für Zwecke verwendet werden, die nichts mit Studium und Lehre zu tun haben: 1,05 Mio. Euro kürzt die Landesregierung direkt in der Lehre, weitere 550 000 Euro spart das Rektorat an Tutorats- Lehrauftrags- und Exkursionsmitteln, die die Fakultäten nun selbst aufbringen müssen. Weitere 1,5 Mio. Euro wurden bereits 2006 für eine Investitionsrunde verwendet, aus der nach Auskunft des Rektorats hauptsächlich Großgeräte für die Forschung finanziert werden. Weitere Umschichtungen nach dem Prinzip „was das Rektorat an bisherigen Leistungen kürzt, wird mit Studiengebühren aufgefangen“ machen noch einmal ca. 1,4 Mio. Euro aus. Diese Gelder fließen in die Forschung, wie das Rektorat freimütig zugibt: Schließlich seien in den letzten Jahren Forschungsgelder in die Lehre geflossen. „Wenn Forschungsmittel zur Finanzierung von Lehraufgaben herangezogen werden müssen, liegt ein grundsätzliches Problem der Hochschulfinanzierung vor. Sowohl für Lehre als auch für die Forschung muss das Land eine ausreichende Finanzierung gewährleisten“, sagt dazu Benjamin Greschbach, Mitglied des Zwölferrats und Vorstand des unabhängigen allgemeinen Studierendenausschusses an der Universität Freiburg (u-asta).
[Siehe dazu auch den Link: Studierende stimmen geschlossen gegen Verwendungsvorschlag des Rektorates]
Da die Gelder im Zentralhaushalt frei verfügbar sind, ist es wahrscheinlich, daß sie auch in Heizkosten investiert werden. Trotz des Erfolgs von Rektor Jäger, daß das Land einen weiteren Zuschuß gewährt, beläuft sich das Heizkostendefizit der Universität Freiburg immer noch auf 1,6 Mio. Euro.
Gegen alle diese Entwicklungen konnten die Studierenden nur versuchen, mit Worten zu überzeugen, denn mehr als ein Anhörungs- und Informationsrecht („Benehmen“) sieht das Gesetz für die Studierenden nicht vor. Die entscheidende Instanz bei der Mittelvergabe ist das Rektorat. „Es gab im Prozeß schon viele Vorfestlegungen wie die Umschichtungen in die Forschung, die den Diskussionsspielraum auf Null reduziert haben. In diesen Punkten war nicht einmal mehr Mitsprache möglich, geschweige denn eine Mitentscheidung“, meint dazu Hermann J. Schmeh, ebenfalls u-asta-Vorstand.
Auch die abschreckende Wirkung der Studiengebühren wird erstmals sichtbar: Im Vergleich zum letzten Sommersemester hat die Universität Freiburg 1144 Studierende weniger. Das Rektorat versucht dies damit zu begründen, daß viele nun die Möglichkeit nutzen würden, Prüfungen abzulegen, wenn man schon exmatrikuliert ist. Es existieren aber keine Vergleichszahlen zum Vorjahr, so daß ein Anstieg dieser Zahl nicht feststellbar ist. Der Kredit der Landesbank, der mit über 7 % verzinst wird, stellt für viele keine ernstzunehmende Alternative dar: Nur 316 der knapp 20 000 Studierenden der Universität Freiburg nahmen ihn in Anspruch. [Siehe dazu auch den Link: Statistisch belegt: Studiengebühren schrecken ab. Darlehen-Konzept gescheitert.]
„Den schwarzen Peter hat die Landesregierung, die sich durch Kürzungen und unverschämt hohe Zinsen für die Gebührenkredite an Studiengebühren nicht nur bereichert, sondern auch geschickt verschleiert, daß Bildung entgegen all ihren Aussagen eben keinen besonders hohen Stellenwert hat“, resümiert Schmeh. „Die Universitätsleitung hat aber von der Landesregierung die Rechtfertigungsrhetorik bezüglich der Studiengebühren übernommen und sich die Versprechen, die bei deren Einführung gemacht wurden, zueigen gemacht. Sie muß sich an diesen Versprechen messen lassen, und die sind durchweg gebrochen worden: Entschieden über die Mittelverwendung hat das Rektorat, nicht die Studierenden, Studiengebühren landen in Heizkosten und Forschung und haben eine abschreckende Wirkung. Die Studierenden wurden von Anfang an belogen und betrogen.“
„Studiengebühren lösen kein einziges Problem der chronisch unterfinanzierten Hochschulen. Was wir also schon immer befürchtet hatten, ist nun empirisch belegt. Damit ist Studiengebühren die Legitimation entzogen. Das Land muß sie wieder abschaffen“, fordert Greschbach abschließend.
Für Rückfragen und O-Töne steht Ihnen Benjamin Greschbach und Hermann J. Schmeh gerne zur Verfügung:
u-asta Uni Freiburg
Tel. 0761 203-2033
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