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24.10.2011: Vorstand kritisiert Anwesenheitspflicht

Am Freitag den 21.10.2011 fand der traditionelle Erstsemesternachmittag statt. Nach dem vom u-asta mitorganisierten Markt der Möglichkeiten richteten der Rektor und der u-asta Vorstand Lennart Lein einige Worte an Studierende, Eltern und Gäste. In seinem Redebeitrag ging der Vorstand auf die Entstehungsgeschichte und die Struktur des u-asta ein und setzt sich kritisch mit der Anwesenheitspflicht außeinander. Es gilt das gesprochene Wort.

 Liebe Studierenden und Liebe Eltern, Liebe Angehörige der Universität Freiburg,

Willkommen an der Uni Freiburg! Erlaubt mir, mich kurz vorzustellen: mein Name ist Lennart, ich studiere Geschichte, Politikwissenschaften und Englisch im 7. Semester auf Staatsexamen. Ich engagiere mich seit meinem ersten Semester in der u-Fachschaft Geschichte und bin seit dem 1. Oktober Mitglied im Vorstand des u-asta, der unabhängigen Studierendenvertretung an der Uni Freiburg. In meiner Funktion als Vorstand des unabhängigen u-asta darf ich heute ein paar Worte an euch richten. Insbesondere möchte ich ein paar Dinge zum Thema Anwesenheitspflicht sagen.

Eingangs möchte ich kurz erklären, warum in Freiburg der u-asta die Studierenden vertritt und nicht der AStA ohne u, wie anderswo üblich.

1977 wurde unter Federführung des ehemaligen NS-Juristen und späteren baden-württembergischen Ministerpräsidenten Hans Filbinger die Verfasste Studierendenschaft abgeschafft. Als Reaktion darauf wurde ein Jahr später der u-asta gegründet, da seit der Abschaffung der Verfassten Studierendenschaft die Recht der Studierenden, eure Rechte, drastisch eingeschränkt sind. Ich kann jetzt aufgrund der Zeit leider nicht auf jedes Detail eingehen, aber einige Punkte sollen genannt werden. Seit 1977 darf der offizielle AStA sich nur noch zu sportlichen, musischen und kulturellen Dingen äußern. Bei Zuwiderhandlung, also einer offiziellen Äußerung zu Themen wie Studiengebühren oder BAföG, kann der AStA verklagt werden. Der AStA wurde außerdem seiner Finanzautonomie beraubt. Jede Ausgabe, die der AStA tätigt, kann vom Rektorat kassiert werden. Satzungsautonomie haben wir Übrigen auch nicht. Dieser Zustand der Studierendenvertretung ist mit dem Adjektiv „mundtot“ angemessen umschrieben. Er hat wahrscheinlich bald ein Ende, da die neue Landesregierung die Verfasste Studierendenschaft endlich wieder einführen will, doch bis auf weiteres ist dies der Status Quo.

Die Studierenden haben also den u-asta geschaffen, eine unabhängige Ersatzstruktur, die politische Äußerungen weiterhin möglich macht. Lassen Sie mich diese etwas absurde Situation kurz an einem Beispiel erklären.

Ich bin Vorstand des u-asta und gleichzeitig gewähltes Mitglied im mundtoten AStA. In meiner Funktion als Mitglied des AStA dürfte ich mich Ihnen gegenüber, Sie erinnern sich, zu sportlichen, kulturellen und musischen Dinge äußern. Ich könnte also darüber sprechen, ob der SC Freiburg Cissé halten kann, wie viele Nacktszenen in einem Stück am Freiburger Stadttheater im Schnitt vorkommen und, ob die Neugründung von AC/DC ohne Bon Scott ein Fehler war. Doch dies sind nicht die Fragen, die Studierende wirklich interessieren. Es sind nicht die Fragen, für die Studierende eine gemeinsame Vertretung brauchen. Weil ich den Mund aufmachen möchte, wenn es um Themen wie Studiengebühren, BAföG, Deutschlandstipendium oder von Rüstungskonzernen finanzierte Lehrstühle an Universitäten geht, engagiere ich mich im u-asta. Weil wir auf dieses Recht, uns auch politisch zu äußern, beharren, gibt es den u-asta.

Der u-asta ist basisdemokratisch, d.h. die Studierendenvertretungen der einzelnen Fachbereiche (z.B. Fachschaft Medizin, Fachschaft Physik, Fachschaft Soziologie) bestimmen die Positionen des u-asta. Dies geschieht wöchentlich in der Fachschaftenkonferenz (FSK), in der jede Fachschaft eine Stimme hat. Die Fachschaften sind offen, d.h. ihr könnte alle in die nächste Sitzung euer Fachschaft gehen und mit entscheiden. D

er u-asta ist auch durch Entscheidungen der einmal im Semester stattfindenden Vollversammlung gebunden. Dieses Jahr ist die Vollversammlung am Donnerstag den 10.November um 18h im Audimax. Ich würde mich freuen, viele von euch dort zu sehen.

Der Vorstand, er besteht in diesem Jahr aus drei Menschen, vertritt den u-asta nach außen.

Wir leben von Engagement, ihr alle seid also herzlich eingeladen, euch in euren Fachschaften, in einem Referat oder einem Arbeitskreis im u-asta und natürlich bei der Vollversammlung einzubringen. Genaueres dazu, wie ihr euch einbringen könnt, erfahrt ihr auf unser Website unter u-asta.de. Wer nochmal genau wissen will, warum es den u-asta überhaupt gibt und wie er organisiert ist, kann das auch dort erfahren.

Soweit die grundlegende Struktur des u-asta und nun zum eigentlichen Thema: die Anwesenheitspflicht. Ich möchte meinen Ausführungen ein Zitat voranstellen. Der U.S.-amerikanische Musiker und Künstler Vincent Damon Furnier, besser bekannt unter seinem Pseudonym Alice Cooper, wurde im Jahr 1972 mit den folgenden Zeilen weltberühmt:

[Zitat]

„school's out for summer school's out forever

[Zitat Ende]

Der Song beschreibt, wie eine Gruppe junger Menschen das Ende des Schuljahres und den Beginn der Sommerferien erlebt. Sie freuen sich über einen Gewinn an Freiheit und über das Ende von Vorschriften und Vorgaben, die ihr Verhalten bis ins Detail regeln. Ich unterstelle, dass viele von euch mit ähnlichen Erwartungen an die Uni gekommen sind. Diese Erwartungen sind nicht unbegründet. Der staatliche Erziehungsauftrag liegt bei den Schulen, nicht bei den Universitäten. Außerdem seid ihr höchstwahrscheinlich volljährig und es wäre anzunehmen, dass man euch jetzt wie mündige Erwachsene behandelt.

In kann euch teilweise gratulieren: die Uni bietet mehr Freiheit als die Schule. Ihr habt weniger Kontaktzeit mit den Lehrenden und müsst euch eigenverantwortlich um die Bewältigung eures Studiums kümmern. Ihr tragt also mehr Verantwortung, habt aber auch mehr Freiheit. Allerdings ist dies nur ein Teil der Wahrheit. Ihr werdet teilweise auch hier noch wie Schülerinnen und Schüler behandelt.

Die Studienordnungen der Bachelor-Studiengänge sind immer noch recht unflexibel, wobei hier in den letzten Jahren durchaus Verbesserungen erreicht wurden, was wir begrüßen.

Was aber Anwesenheitspflicht bei Veranstaltungen anbelangt, wird es in an dieser Universität mindestens so streng wie in der Schule, z.T. sogar strenger gehandhabt. Es gibt zwar Fakultäten und Institute die sich an dieser systematischen Entmündigung der Studierenden nicht beteiligen, allerdings sind die Regelungen hier in Freiburg mit die strengsten in ganz Deutschland und mir ist ebenfalls keine andere Hochschule in Baden-Württemberg bekannt, die derart rigide Anforderungen an ihre Studierenden stellt.

Die Handhabe in Freiburg ist die: wer mehr als zwei Mal bei einer Veranstaltung physisch nicht anwesend ist, wird nicht zur Prüfung zugelassen. Wenn ich also bei einer Vorlesung zweimal fehle, darf ich die Klausur nicht mitschreiben und bekomme die Veranstaltung nicht angerechnet. Ob ich die in der Vorlesung besprochenen Inhalte verstehe und durchdringe, ist dabei völlig egal. Die physische Anwesenheit, wohlgemerkt nicht die geistige, wird zur notwendigen Voraussetzung, um die Prüfung überhaupt ablegen zu können.

Ich finde es ironisch, dass Menschen, die sonst so viel Wert auf Leistung legen, plötzlich hier das Leistungsprinzip vollkommen aus hebeln.

Anwesenheit überprüft lediglich, ob eine Person physisch anwesend ist. Sie und ich, wir könnten uns in eine Mathematik-Oberseminar setzen und uns einen Vortrag über Vektorraumbündel und Pointcarré-Reihen anhören. Damit wären wir physisch anwesend, aber haben wir deswegen verstanden worum es ging?

Die Universität kontrolliert also nicht mehr die fachliche Eignung der Prüflinge, sondern die sportliche Fähigkeit zum Zeitpunkt t an Ort X zu sein. Anwesenheitspflicht ist didaktischer Unfug, da sie vorgibt etwas zu überprüfen (geistige Anwesenheit), was durch die Überprüfung von physischer Anwesenheit, überhaupt nicht überprüft werden kann.

Darüber hinaus legen Rechtsgutachten verschiedener Universitäten nahe, dass Anwesenheitspflicht rechtlich mit der im Hochschulrahmengesetz verankerten Freiheit des Studiums unvereinbar ist. Das thüringische Landeshochschulgesetz verbietet gar Anwesenheitspflicht explizit bei Vorlesungen und Tutorien.

Abschließend möchte ich euch also ein paar Ratschläge mit auf den Weg geben. Wenn Dozenten euch erzählen, dass sie die Anwesenheit überprüfen müssen, dann fragt sie warum. Fragt sie, wer das vorschreibt. Ich wette mit euch, viele wissen nicht warum. Sie glauben, wissen es aber nicht.

Fragt sie, ob sie sich der Tatsache bewusst sind, dass Anwesenheitspflicht wahrscheinlich gegen das Hochschulrahmengesetz verstößt. Fragt sie, welcher Teil ihres didaktischen Konzepts voraussetzt, dass die Studierenden physisch anwesend sein müssen. Welche Teile der Veranstaltung können sich die Studierenden nicht eigenständig erarbeiten? Warum verweigern die Dozierenden Menschen, ohne ihre fachliche Eignung zu prüfen, die Zulassung zur Prüfung?

Dem französische Renaissance-Autor François Rabelais wird folgender Ausspruch zugeschrieben: [Zitat]

"Kinder sind keine Fässer, die gefüllt, sondern Feuer, die entfacht werden sollen."

[Zitat Ende]

Von diesem Leitbild scheinen sich Teile dieser Universität verabschiedet zu haben. Das humboldtsche Selbstverständnis der Universität als Ort an dem Studierende und Hochschullehrer gemeinsam in Freiheit forschen, weicht einem paternalistischen, die Studierenden bevormundenden Selbstbild.

Ist das die Uni, wie wir sie uns wünschen?

Daher mein Rat an euch, liebe Studierende: lasst euch nicht wie Fässer behandeln. Die Studiengebühren machen es sich jetzt mit der VHS-Kassete auf dem Müllhaufen der Geschichte bequem. Warum sollte die Anwesenheitspflicht nicht auch dorthin verfrachtet werden?

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.


erstellt von vorstand zuletzt verändert: 24.10.2011 11:58
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