15.12.2010: Bundesverwaltungsgericht weist Klage gegen Studiengebühren ab
Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem heutigen Urteil die Klagen von vier Studierenden aus Baden-Württemberg gegen die Einführung von Studiengebühren abgewiesen. Die KlägerInnen hatten vor allem geltend gemacht, dass die Gebührenerhebung sie in ihrem Grundrecht auf freie Wahl der Ausbildungsstätte verletzt und gegen den UN-Sozialpakt verstößt.
Nachdem das Bundesverwaltungsgericht im April letzten Jahres bereits eine Klage gegen die Studiengebühren in Nordrhein-Westfalen abgewiesen hatte, war mit dem heutigen Urteilsspruch zwar zu rechnen. „Trotzdem hatten wir gehofft, dass das Gericht den Gesetzgebern endlich eine Grenze aufzeigt. Die Gebühren in Baden-Württemberg belasten die Kinder aus ärmeren Familien nämlich sogar noch stärker als die in Nordrhein-Westfalen. Während dort die Gebühren für BAFöG-Empfänger teilweise entfallen, wird ihnen im reichen Baden-Württemberg gerade mal ein Teil der Zinsen erlassen. Aufgrund der Zinsbelastung zahlen ausgerechnet die ärmsten Studierenden unterm Strich deutlich mehr für ihr Studium als die wohlhabenden,“ erläutert Peter Lehmann vom Arbeitskreis Klage, der landesweit rund 2.600 Verfahren gegen Studiengebühren koordiniert und unterstützt.
Im Mittelpunkt der heutigen Verhandlung stand die Frage, inwiefern die Gesetzgeber Studierende von der Gebühr befreien müssen, die besonderen Belastungen ausgesetzt sind und deshalb langsamer oder erst später studieren können. Behandelt wurden dementsprechend die Klagen einer alleinerziehenden Mutter, eines Mitglieds der Studierendenvertretung sowie je eines Wehr- und Zivildienstleistenden. Auch insofern hielt das Gericht die Gebührenerhebung im Wesentlichen für rechtmäßig. Allein für Mitglieder der Studierendenvertretungen mahnte es zeitweise Befreiungen an. Daraufhin schlossen die Streitparteien einen entsprechenden Vergleich.
Lehmann hierzu: „Studiengebühren, die abschreckend für sozial Benachteiligte wirken, sind verfassungswidrig. Das hat das Bundesverwaltungsgericht auch anerkannt. Dass die Richter aber der Meinung sind, eine so enorme Darlehenslast würde niemanden vom Studium abhalten, ist mir unverständlich. Wenn das Gericht das Erfordernis einer sozialen Ausgestaltung ernst nehmen würde, hätte es zumindest die Klage der alleinerziehenden Mutter heute dem Bundesverfassungsgericht vorlegen müssen.“ Das Bundesverfassungsgericht wird sich dennoch schon bald mit den baden-württembergischen Studiengebühren befassen: Für ihr Recht auf freie Bildung wollen die Studierenden nun Verfassungsbeschwerde erheben.
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